Grenzen der Verflechtung & Entflechtung

Generell gilt die Grundannahme, je enger und intensiver z.B. die Beziehung zwischen Kunde und Lieferant oder die Kontakte der Mitarbeiter untereinander sind, umso stabiler ist die Geschäftsbeziehung bzw. der Zusammenhalt in der Firma.

Entflechtung als Wettbewerbsvorteil

Es sei denn dass diese Verflechtung zu Nachteilen für das jeweilige Unternehmen führen. Die Grenze ist fließend und nicht immer sofort erkennbar, daher sollte die moderne Unternehmensführung laufend auf optimale Verflechtungen und funktionierende Wettbewerberbsvorteile achten.

Nachteile durch zu enge Verflechtungen entstehen z.B. bei/wenn:

Wettbewerbsvorteil Entflechtung

  1. Personen zulange an Macht- oder Kontaktstellen sitzen

    • Abhängigkeiten zu dieser Person entstehen
  2. Personen mit einem speziellen Know-how ohne Vertreter

    • Auch hier entstehen Abhängigkeiten zu dieser Person
  3. Übertriebenes Machtgehabe / Egoismus

    • Der Unternehmensvorteil wird blockiert durch einzelne Mitarbeiter, die ihr Machtgehabe oder ihren Egoismus demonstrieren möchten. Ein Beispiel kann die Sekretärin vom Chef sein, von der man nur etwas bekommt, wenn man Glück hat, und diese gut gelaunt ist.
  4. Korruption

    • Gezielt negative Absprachen einzelner Personen oder ganzer Gruppen
  5. Trägheit

    1. Durch zu intensive, vorhandene Netzwerke oder Kontakte werden irgendwann keine echten Alternativangebote mehr eingeholt.
      Dadurch kommt es zur Situation, dass z.B. Kunden-Akquise-Fähigkeiten aufgrund fehlender Praxis bei der Neukundengewinnung zum Know-how-Verlust bei der Wettbewerbsfähigkeit (Zahnloser Tiger) führen. Dies kommt i.d.R. überall dort vor, wo nur einzelne oder wenige Kunden vorhanden sind.
    2. Schlechtere Konditionen
      Es ist den Mitarbeitern oder der Geschäftsleitung zu anstrengend (Trägheit) sich anderweitig umzusehen. Es werden Geschäfte mit dem vorhandenen Partner ohne wettbewerbsfähiges Vergleichs-Angebot abgeschlossen. Ein Indiz dafür in der Praxis kann auch das zu lange Warten sein, sodass die Begründung leicht fällt auf vorhandene Kontakte zurückgreifen zu müssen.
      – Zu hohe Einkaufspreise
      – Zu geringe Verkaufspreise
  6. Zuviel Netzwerk – Wegfall von WettbewerbsvorteilenTrägheit

  • Wenn die Firma am Markt nicht mehr frei agieren kann und auf den jeweiligen Geschäftspartner so viel Rücksicht nehmen muss, dass Nachteile für die Firma entstehen. Ebenso bedeutend ist dies, dass die Kosten für das Netzwerken den Nutzen sprengen, z.B. durch Reise- und/oder entsprechend hohe sonstige Werbekosten. Aus dem Wegfall von Wettbewerbsvorteilen resultiert i.d.R. eine geringere Ertragskraft bzw. eine geringere finanzielle Freiheit oder nachlassende Wettbewerbsfähigkeit.

  • Ebenso ist denkbar, dass als Netzwerk-Gruppe Leistungen am Markt angeboten werden. Es kann zur Situation kommen, dass die gesamte Gruppe nicht beauftragt wird und der Einzelne aus Rücksicht auf die anderen nicht separat anbieten kann. Beispiele hierfür können Handwerkergemeinschaften bis hin zu Beratungs-Netzwerken sein, die nur die eigenen Netzwerkpartner empfehlen ohne Rücksicht auf den Kunden.

Entflechtung ist meist die Lösung eines Personal- und/oder Bewusstseinsproblems.

Nicht immer steht böse Absicht oder Korruption als Grund für zu viel Verflechtung. Viel häufiger gilt es Gewohnheitsprozesse und Egoismus bei einzelnen Personen zu kappen.
Ein möglicher Hinweis auf zu viel Verflechtung sind Aussagen wie „der kleine Dienstweg“, „wir haben keine Zeit mehr Angebote anderweitig einzuholen“ oder „ich bestell mal schnell“ bis hin zur Bitte mit der Bezahlung von Rechnungen noch warten zu können. Aber auch die diversen „Einzel“-Positionen, die manche Mitarbeiter innehaben, sind kritisch zu beleuchten.
Bei neuen Geschäftsbeziehungen bzw. neuen Kontaktbeziehungen ist ein solches Verhalten i.d.R. nicht mehr möglich. Hier wird klar hinterfragt und markttechnisch abgewogen, bzw. freundlich und höflich gearbeitet. Gerade im Einkauf zeigt die Erfahrung, dass neue Einkäufer häufig viel bessere Ergebnisse erzielen als langjährige Mitarbeiter, die womöglich auf der Gegenseite langjährige Kontaktpersonen hatten.
Weiterbildung, Schulungen und das Bewusstsein dafür fördern, sind auch hier gute Schritte in die richtige Richtung. Versetzungen oder gar Personalveränderungen können weiterführende Möglichkeiten sein.

Maßnahmen zur Entflechtung

  • Personal-Rotation bei wichtigen Positionen
  • Positionen doppelt besetzen (Stellvertreter mit ähnlichem bzw. gleichem Know-how)
  • Flexibles Netzwerken fördern
  • Kundenkontakte nicht auf einzelne Personen beschränken
  • Abläufe so strukturieren, damit multiple Kontaktbeziehungen entstehen
  • Bewusstsein für zu viel Verflechtung schärfen
  • Bei Korruption hart durchgreifen
  • Sanktionen bei Blockierung von Wettbewerbsvorteilen
  • Regelmäßig auch neue Lieferanten oder Kunden gewinnen
  • Regelmäßig neue Personaleinstellungen vornehmen
  • Weiterbildung der Mitarbeiter
  • Gemeinschaft, insbesondere der eigenen Firma, leben

Vorteile einer Entflechtung

  • Mehr Vitalität in der Wettbewerbsfähigkeit
  • Schnellere und effizientere interne Abläufe
  • Bessere Einkaufs- und/oder Verkaufs-Konditionen
  • Optimierung der Finanzkraft

Nachteile einer Entflechtung

  • Meist sind Personalprobleme zu lösen
  • Mögliche Widerstände bei den Betroffenen
  • Liebgewonnene Abläufe werden gekappt

Viel Erfolg bei Ihren Ihrer Wettbewerbsvorteile: Verflechtungen & Entflechtungen.
Dipl.-Wirtsch. Ing. (FH) Rolf Popp

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